Frauen in der Teilzeitfalle

Experte: Auch im Falle einer Berufsunfähigkeit drohen Konsequenzen

Bei allen Fortschritten, die es bereits gegeben hat: Von echter Gleichberechtigung in der Berufswelt kann in Deutschland noch keine Rede sein. Das Statistische Bundesamt untersuchte 2018, wer in Haushalten mit minderjährigen Kindern in Teilzeit arbeitet. Das Ergebnis: 5,8 Prozent der Männer und 66,2 Prozent der Frauen. Die Corona-Krise dürfte dieses Ungleichgewicht noch einmal verstärkt haben. In Beziehungen, in denen der Mann deutlich mehr verdient als die Frau, sollte die private Altersvorsorge deshalb auf ihren Namen laufen, um diese Ungerechtigkeit auszugleichen.

Teilzeit kann Auswirkungen auf die Berufsunfähigkeit haben

Was viele nicht wissen: Die Aufteilung der Arbeitszeit kann auch darüber entscheiden, ob eine private Berufsunfähigkeitsversicherung im Falle eines Falles zahlt oder nicht. Denn „berufsunfähig“ bedeutet, den Job, den man zuletzt ausgeübt hat, nur noch zur Hälfte erfüllen zu können. Wer vorher acht Stunden täglich gearbeitet hat, ist also berufsunfähig, wenn er oder sie maximal vier Stunden arbeiten kann. Wer zuvor in Teilzeit gearbeitet hat, muss entsprechend stärker eingeschränkt sein, um sein Geld zu bekommen. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Einer Frau, die wegen Brustkrebs eine Chemotherapie absolviert, kann vielleicht eine Arbeitszeit von elf Stunden pro Woche zugemutet werden. Bei einer Regelarbeitszeit von 40 Stunden läge hier eine Berufsunfähigkeit vor, bei 20 Stunden nicht.

Mit dem Arbeitsergebnis statt mit der Arbeitszeit argumentieren

„Trotz dieses Problems zahlen Teilzeitbeschäftigte denselben monatlichen Beitrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung“, weist Philip Wenzel, Chefredakteur des Informationsportals Worksurance.de, auf eine Ungerechtigkeit hin. Um diese zu beseitigen, gibt es mittlerweile in einzelnen Tarifen Teilzeitklauseln. Einige rechnen die Arbeitszeit auf Vollzeit hoch, andere bewerten die Tätigkeit als Hausfrau anteilig als Beruf. Solche Teilzeitklauseln seien aber oftmals eher gut gemeint als gut gemacht, meint Philip Wenzel. Bis sich effektiv etwas ändere, sollte man im Falle einer Berufsunfähigkeit gegenüber dem Versicherer über das Arbeitsergebnis argumentieren und nicht über die Arbeitszeit. Als Beispiel nennt Wenzel einen Bäcker, der das Mehl nicht mehr in die Mischmaschine schütten kann. Doch dies ist Grundlage für alle weiteren Aufgaben. „Er ist berufsunfähig, weil kein sinnvolles Arbeiten mehr möglich ist“, erklärt Wenzel. „Der Versicherer müsste hier eigentlich zahlen.“ Damit Frauen bei der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht in die Teilzeitfalle tappen, sollten sie sich vor Vertragsabschluss und vor allem vor Beantragung der Leistung gut informieren.

Foto: djd/Worksurance.de/Getty Images/Radomir Jovanovic